Habitat – Quartier im Hain
Das Areal der CKW liegt in landschaftlich besonderer Lage in einer vom Fluss weg abfallenden Ebene, die einst ein Sumpf war. Diese besondere topographische Lage – im Gegensatz zur üblichen Geländeneigung zum Fluss hin – wird durch die grossmassstäblichen Industriebauten akzentuiert. Die Hauptstrasse mit der Shedhalle der ehemaligen Schappe liegt am höchsten, das Oberflächenwassersammelt sich am westlichen Hangfuss.
Konglomerat, Strassen, Plätze und Landschaft
Das städtebauliche Konzept reagiert typologisch und landschaftsräumlich auf diese besondere Situation. Mit Erhalt und behutsamer Umnutzung der Shedhalle entsteht ein grossmasstäbliches, “trockenes” post-industrielles Konglomerat. Die Schappe steht in Verbindung zu den historischen Industriebauten an der kleinen Emme wie Stahlwerk oder Viscosi und erhält das historische Gesicht zur Hauptstrasse und zum neuen Reussbühlplatz. Rückwärtig, in die Senke hinein entsteht eine offene Baustruktur. Diese stehen an den Strassenräumen Täschmattstrasse und Zollhausstrasse, die so gestärkt und gefasst werden und dabei porös und durchlässig zum Innenbereich bleiben. Dort entsteht eine “nasse” Landschaft mit dem Quartierplatz, über den die wichtige diagonale Fussverbindung ins Quartier Rothen läuft. Die städtebauliche Struktur ermöglicht eine spätere Entscheidung für Erhalt, Teilerhalt oder Ersatz des Verwaltungsbaus. Drei historische, sorgfältig entworfene und gebaute Remisen der Moderne werden teilerhalten. Sie bilden attraktive, historische Zeitzeugen, die eine besondere Atmosphäre im Areal ausstrahlen und einen kleineren Massstab erhalten.
Ein atmosphärisch starkes “post- industrielles Konglomerat”
Den Auftakt zum Quartier bildet der Reussbühlplatz, ein “Wasserplatz”, an dem Wasser erlebbar wird und zum Spielen, Aufenthalt und Begegnen einlädt. Hinter der Fassade der Schappe liegt ein offener, mit Kletterpflanzen begrünter Platz alseindrücklicher “hortus conclusus”. In ihm steht ein Café, das den Aussenbereich bis auf den Reussbühlplatz bespielen kann. Durch die Shedhalle führt eine offene und öffentliche Passage als direkte Verbindung zur Kleinen Emme. An ihr liegen Eingänge zum Grossverteiler, zum Quartierraum, zur zentralen unterirdischen Einstellhalle, zur zentralen Velohalle und zu den Bürorflächen im Obergeschoss.
An der Hauptstrasse liegen Geschäfte des Einzelhandels, die von einer gemeinsamen Anlieferung von der Zollhausstrasse profitieren.
Konzentration und Schaltung der Aktivitäten
Das so zusammengesetzte “postindustrielle Konglomerat” konzentriert di e publikumsorientierten Nutzungen im Fussabdruck der Shedhalle. Der Erhalt der Raumkontur, der Fassaden und grosser Teile der Dachkonstruktion geben den kommerziellen Flächen eine einzigartige Atmosphäre, in der verschiedene Nutzungskonzepte vorstellbar sind – Grossverteiler, Manufakturen, Spezialgeschäfte, Gastronomie, Kreativwirtschaft etc. Die räumliche Fassung ermöglicht eine “Schaltung” der Aktivität im Quartier: zu Geschäftszeiten wird der Raum stark genutzt und die räumliche Fassung konzentriert die Aktivität, bleibt aber durch die porösen Fassaden verbunden mit dem umliegenden Quartier und kann auf diese Räume ausgreifen. Ausserhalb der Geschäftszeiten bleibt dieser Raum räumlich gefasst und damit deutlich unterschieden vom Wohnquartier, aber auch vom öffentlichen Auftaktplatz Reussbühl. Durch die Ausbildung dieses Schwellenraums lässt sich verhindern, dass geschlossene Geschäfte zu einer “toten Stimmung” im öffentlichen Raum führen.
Eine Wasserlandschaft zum Wohnen
Der Quartierplatz hinter der Shedhalle ist das Zentrum des Wohnquartiers. Am Kanalweg, der entlang der Westseite der Shedhalle dem historischen Kanalverlauf folgt, liegen Quartierraum, Velohalle und Ateliers. Ein niedriger Anbau für Wohnen ersetzt die heutigen Anbauten der Schappe, die bautechnisch nicht erhalten werden können, und ermöglicht einen guten Übergang zum Wohnquartier. Mit einer präzisen Modulierung der Topographie wird eine sehr hohe Retentionsleistung erreicht, ein sorgfältiger Übergang von den Erdgeschosswohnungen gestaltet und zugleich ein attraktiver, vielfältig nutzbarer Freiraum geschaffen. An zentraleren Orten können die Erdgeschosse alternativ gewerblich genutzt werden, die Raumhöhe ermöglicht Nutzungsänderung. Das klimaadaptive Vegetationskonzept und kompakte Untergeschosse erlauben eine dichte Setzung von Bäumen, die entscheidend zu einer hohen Aufenthaltsqualität und einem angenehmen Mikroklima beitragen. Die “nasse Landschaft” bietet ein gutes Wohnumfeld mit naturnah gestalteten Bereichen und einem direkten Bezug zum Thema Wasser, Biodiversität und Klima.
Überlegungen für den Perimeter Nord
Für den Perimeter Nord wird eine vergleichbare städtebauliche Konzeption vorgeschlagen. Zur Kleinen Emme hin entsteht ein weiteres post-industrielles Konglomerat, in dem das Sockelthema der bisherigen Planung bewahrt und weiterentwickelt wird. Rückwärtig entsteht eine offene Bebauungsstruktur mit einem zentralen Freiraum, der die wichtigsten Wegebeziehungen zum Quartier und zum Kanalweg stärkt.